Esra 9-10: Gott verbietet falsche Gemeinschaft.

CB 2021 21.02.2021  •  Sermon  •  Submitted
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Gott will uns ganz - und verbietet falsche Gemeinschaft.

Notes
Transcript

Predigttext

Der heutige Predigttext umfasst die beiden letzten Kapitel unseres Buches Esra, nämlich die Kapitel 9 und 10. Angegeben im Predigtplan ist “in Auszügen”. Das läuft eigentlich darauf hinaus, dass ichentscheiden muss, was an dem Text wichtig und was unwichtig ist.
Wer bin ich, dass ich eine solche Entscheidung treffen könnte! An Gottes Wort ist alles wichtig. Deswegen will ich zu Beginn beide Kapitel vorlesen und mich dann auf ein paar Details der Auslegung konzentrieren.

9 Als das alles ausgerichtet war, traten die Oberen zu mir und sprachen: Das Volk Israel und die Priester und Leviten haben sich nicht abgesondert von den Völkern der Länder mit ihren Gräueln, nämlich von den Kanaanitern, Hetitern, Perisitern, Jebusitern, Ammonitern, Moabitern, Ägyptern und Amoritern; 2 denn asie haben deren Töchter genommen für sich und für ihre Söhne, und der heilige Same hat sich vermischt mit den Völkern der Länder. Und die Oberen und Ratsherren waren die Ersten bei diesem Treubruch.

3 Als ich dies hörte, zerriss ich mein Kleid und meinen Mantel und raufte mir Haupthaar und Bart und setzte mich bestürzt hin. 4 Und es versammelten sich bei mir alle, die über die Worte des Gottes Israels erschrocken waren wegen des Treubruchs derer, die aus der Gefangenschaft gekommen waren; und ich saß bestürzt da bis zum Abendopfer.

5 Und um das Abendopfer stand ich auf von meiner Buße mit zerrissenem Gewand und Mantel und fiel auf meine Knie und breitete meine Hände aus zu dem HERRN, meinem Gott, 6 und sprach: Mein Gott, aich schäme mich und scheue mich, meine Augen aufzuheben zu dir, mein Gott; denn unsere Missetat ist über unser Haupt gewachsen, und unsere Schuld ist groß bis an den Himmel. 7 Von der Zeit unserer Väter an sind wir in großer Schuld bis auf diesen Tag, und um unserer Missetat willen sind wir und unsere Könige und Priester in die Hand der Könige der Länder gegeben worden, ins Schwert, in Gefangenschaft, zum Raub und zur Schmach, so wie es heute ist. 8 Nun aber ist uns einen kleinen Augenblick Gnade vor dem HERRN, unserm Gott, geschehen, dass er uns noch Errettete übrig gelassen und uns einen festen Halt an seiner heiligen Stätte gegeben hat, dass unser Gott unsere Augen aufleuchten und uns ein wenig aufleben ließ in unserer Knechtschaft. 9 Denn wir sind Knechte, aber unser Gott hat uns nicht verlassen in unserer Knechtschaft und hat uns die Gunst der Könige von Persien zugewandt, dass er uns wieder aufleben ließ, um das Haus unseres Gottes aufzubauen und es aus seinen Trümmern wieder aufzurichten, und uns eine Schutzwehr gebe in Juda und Jerusalem.

10 Und nun, unser Gott, was sollen wir nach alledem sagen? Wir haben deine Gebote verlassen, 11 die du durch deine Knechte, die Propheten, geboten hast, als sie sagten: Das Land, in das ihr kommt, um es in Besitz zu nehmen, ist ein abeflecktes Land, denn die Völker der Länder haben es befleckt mit ihren Gräueln, mit denen sie es von einem Ende bis zum andern Ende in ihrer Unreinheit angefüllt haben. 12 So asollt ihr nun eure Töchter nicht ihren Söhnen geben, und ihre Töchter sollt ihr nicht für eure Söhne nehmen. Und sucht nicht ihren Frieden noch ihr Gutes ewiglich, damit ihr stark werdet und das Gute des Landes esst und es euren Kindern vererbt ewiglich.

13 Aber nach allem, was über uns gekommen ist um unserer bösen Werke und großen Schuld willen – doch du, unser Gott, hast unsere Missetat nicht bestraft, wie wir’s verdient hätten, und hast uns diese Schar von Erretteten gegeben –, 14 sollten wir wiederum deine Gebote übertreten, dass wir uns verschwägerten mit den Völkern, die diese Gräuel tun? Wirst du nicht über uns zürnen, bis es ganz aus ist, sodass es weder einen Rest noch Entronnene gibt? 15 HERR, Gott Israels, du bist gerecht; denn wir sind übrig geblieben als Errettete, wie es heute ist. Siehe, hier sind wir vor dir in unserer Schuld; denn darum kann niemand bestehen vor dir.

ENTLASSUNG DER FREMDEN FRAUEN

10 Und als Esra so betete und bekannte, weinte und vor dem Hause Gottes niedergefallen war, sammelte sich um ihn aus Israel eine sehr große Gemeinde von Männern, Frauen und Kindern; denn das Volk weinte sehr. 2 Und Schechanja, der Sohn Jehiëls, von den Söhnen Elam, hob an und sprach zu Esra: Wir haben unserm Gott die Treue gebrochen, als wir fremde Frauen von den Völkern des Landes genommen haben. Nun, es ist trotz allem noch Hoffnung für Israel! 3 So lasst uns nun einen Bund schließen mit unserm Gott, dass wir all die Frauen und die von ihnen geboren sind, fortschicken nach dem Rat meines Herrn und derer, die die Gebote unseres Gottes fürchten, dass man tue nach dem Gesetz. 4 So steh nun auf! Denn an dir ist’s zu handeln, und wir wollen mit dir sein. Sei getrost und tu es!

5 Da stand Esra auf und nahm einen Eid von den obersten Priestern, den Leviten und ganz Israel, dass sie nach diesem Wort tun sollten. Und sie schworen. 6 Und Esra ging fort von dem Platz vor dem Hause Gottes und ging in die Kammer Johanans, des Sohnes Eljaschibs. Und er blieb dort über Nacht, aaß kein Brot und trank kein Wasser; denn er trug Leid um den Treubruch derer, die aus der Gefangenschaft gekommen waren.

7 Und man ließ ausrufen in Juda und Jerusalem für alle, die in der Gefangenschaft gewesen waren, dass sie sich in Jerusalem versammeln sollten; 8 und wer nicht in drei Tagen nach dem Ratschluss der Oberen und Ältesten käme, dessen ganze Habe sollte dem Bann verfallen und er selbst ausgeschlossen sein aus der Gemeinde derer, die aus der Gefangenschaft gekommen waren. 9 Da versammelten sich alle Männer von Juda und Benjamin in Jerusalem auf den dritten Tag, den zwanzigsten im neunten Monat. Und alles Volk saß auf dem Platz vor dem Hause Gottes, zitternd wegen der Sache und des strömenden Regens. 10 Und Esra, der Priester, stand auf und sprach zu ihnen: Ihr habt dem Herrn die Treue gebrochen, als ihr fremde Frauen genommen und so die Schuld Israels gemehrt habt. 11 So bekennt nun vor dem HERRN, dem Gott eurer Väter, und tut seinen Willen und scheidet euch von den Völkern des Landes und von den fremden Frauen.

12 Da antwortete die ganze Gemeinde und sprach mit lauter Stimme: Es geschehe, wie du uns gesagt hast! 13 Aber es ist viel Volk hier, und es ist Regenzeit und man kann nicht draußen stehen; auch ist es nicht in ein oder zwei Tagen getan, denn wir haben in dieser Sache viel gesündigt. 14 Unsere Oberen sollen die ganze Gemeinde vertreten, und alle, die in unsern Städten fremde Frauen genommen haben, sollen zu bestimmten Zeiten kommen und mit ihnen die Ältesten einer jeden Stadt und ihre Richter, bis der Zorn unseres Gottes um dieser Sache willen von uns gewendet werde.

15 Nur Jonatan, der Sohn Asaëls, und Jachseja, der Sohn Tikwas, widersetzten sich dem, und Meschullam und Schabbetai, der Levit, halfen ihnen.16 Doch die aus der Gefangenschaft gekommen waren, taten, wie sie versprochen hatten. Und der Priester Esra sonderte sich Männer aus, die Häupter ihrer Sippen, alle namentlich genannt, und sie traten zusammen am ersten Tage des zehnten Monats, um die Sache zu untersuchen. 17 Und sie brachten’s zum Abschluss bei allen Männern, die fremde Frauen hatten, bis zum ersten Tage des ersten Monats.

18 Und es wurden gefunden unter den Priestern, die fremde Frauen genommen hatten: bei den Söhnen aJeschuas, des Sohnes Jozadaks, und seinen Brüdern: Maaseja, Eliëser, Jarib und Gedalja, 19 und sie gaben die Hand darauf, dass sie ihre Frauen fortschicken wollten. Und ihr Schuldopfer war ein Widder für ihre Schuld; 20 und von den Söhnen Immer: Hanani und Sebadja; 21 und von den Söhnen Harim: Maaseja, Elija, Schemaja, Jehiël und Usija; 22 und von den Söhnen Paschhur: Eljoënai, Maaseja, Jischmael, Netanel, Josabad und Elasa; 23 und von den Leviten: Josabad, Schimi und Kelaja, das ist aKelita, Petachja, Juda und Eliëser; 24 und von den Sängern: Eljaschib; unter den Torhütern: Schallum, Telem und Uri.

25 Und von den übrigen Israeliten: bei den Söhnen Parosch: Ramja, Jisija, Malkija, Mijamin, Eleasar, Haschabja und Benaja; 26 und von den Söhnen Elam: Mattanja, Secharja, Jehiël, Abdi, Jeremot und Elija; 27 und von den Söhnen Sattu: Eljoënai, Eljaschib, Mattanja, Jeremot, Sabad und Asisa; 28 und von den Söhnen Bebai: Johanan, Hananja, Sabbai und Atlai; 29 und von den Söhnen Bani: Meschullam, Malluch, Adaja, Jaschub, Scheal und Jeremot; 30 und von den Söhnen Pahat-Moab: Adna, Kelal, Benaja, Maaseja, Mattanja, Bezalel, Binnui und Manasse; 31 und von den Söhnen Harim: Eliëser, Jischija, Malkija, Schemaja, Simeon, 32 Benjamin, Malluch, Schemarja; 33 von den Söhnen Haschum: Mattenai, Mattatta, Sabad, Elifelet, Jeremai, Manasse und Schimi; 34 bei den Söhnen Bani*: Maadai, Amram, Uël, 35 Benaja, Bedja, Keluhi, 36 Wanja, Meremot, Eljaschib, 37 Mattanja, Mattenai, Jaasai; 38 von den Söhnen Binnui: Schimi, 39 Schelemja, Nathan, Adaja, 40 Machnadbai, Schaschai, Scharai, 41 Asarel, Schelemja, Schemarja, 42 Schallum, Amarja und Josef; 43 von den Söhnen Nebo: Jëiël, Mattitja, Sabad, Sebina, Jaddai, Joel und Benaja.

44 Diese alle hatten fremde Frauen genommen; und nun entließen sie Frauen und Kinder.

Wenn wir diesen Text anschauen, dann erkennen wir klar, dass er zunächst einmal für das Volk Israel gegeben ist, in eine ganz bestimmte Situation. Weil wir zweieinhalbtausend Jahre später leben, kommen wir nicht umhin, genau zu sehen, was diese Geschichte für die damalige Zeit zu bedeuten hatte. Erst dann möchte ich versuchen, eine Übertragung auf heute zu wagen.
Die geschichtlichen Hintergründe brauche ich wohl nicht mehr zu erläutern. Es geht, grob gesagt, um den Neuanfang des Staates Israel, genauer genommen eigentlich nur des Staates Juda, nach dem so genannten babylonischen Exil. Es geht darum, dem Volk Gottes wieder ein Staatswesen zu geben, das dem Volk Gottes angemessen ist. Es geht darum, aufzuarbeiten, warum das Volk Gottes nicht nur von allen guten Geistern, sondern vor allem von seinem Gott verlassen worden ist. Und im Zusammenhang damit: Wie kann verhindert werden, dass eine solche Katastrophe wieder geschieht?
Die Antwort der Führer des Volkes lautet: Das Problem war, dass die Israeliten sich mit den anderen Völkern und ihren Bräuchen vermischt haben. Sie haben ihre Familien mit den Familien der Völker vermischt, die von Gott mit der Vertreibung aus dem Land Kanaan bestraft worden waren. Warum wurden die Völker vertrieben? Weil ihr Götzendienst sie und das Land verunreinigt haben. Wir wissen aus der Bibel, dass Götzendienst das Land Israel verunreinigt. Verunreinigt Götzendienst auch andere Länder? Es könnte sein, aber ich kann es nicht einfach so übertragen, denn das Land Israel ist ein besonderes Land, und das Volk Israel oder die Juden sind ein besonderes Volk. Auf jeden Fall war es so, dass ein Zeitpunkt erreicht wurde, an dem die unreinen Kultpraktiken das Land so verunreinigte, dass es seine Bewohner ausspie, wie es in der Bibel gesagt wird. Weil nun die Israeliten sich mit den früheren Einwohnern, die unter dem Gericht Gottes standen, ebenfalls vermischt hatten, wurde diese Unreinheit und Schuld der Kanaaniter auch auf Israel übertragen. Zuerst einmal ganz einfach: In Eheverträgen aus dem Umfeld Israels wird deutlich, dass eine Frau, die einen Mann mit Grundbesitz heiratet, dessen Grundbesitz erbt, wenn er kinderlos stirbt. Wenn es eine Frau war, die nicht aus Israel stammte, dann ging göttlicher Boden rechtlich an die Heiden verloren, und damit wurde Gottes Eigentum unrechtmäßig an Unbefugte abgegeben. Schon allein deshalb waren Mischehen problematisch.
Früher war es noch nicht wie heute: Da ist Jude nur derjenige, der von einer jüdischen Mutter geboren wurde. Damals war Jude auch derjenige, der von einem jüdischen Vater gezeugt und einer nichtjüdischen Mutter geboren wurde.
Dazu kam noch, dass die heidnischen Frauen ihre Männer zum Götzendienst versuchten oder zumindestens das Recht hatten, ihren eigenen Götzendienst weiterzuführen. Wir kennen zum Beispiel die Moabiterin Ruth, bei der das nicht der Fall war. Sie nahm die Religion ihres Mannes an und wurde so sogar zu einer Vorfahrin Jesu. Auch die Hure Rahab - eine Hure und eine Kanaaniterin - befindet sich später im Stammbaum Jesu. Aber die meisten Frauen in solchen Ehen werden wohl ihre heidnischen Bräuche weitergepflegt haben, so dass das Heidentum, das eigentlich ausgerottet werden sollte - nicht die Menschen, sondern die Bräuche - durch solche Heiraten in den jüdischen Familien selbst konserviert wurde. Das Judentum trug so zum Erhalt des Heidentums bei, das eigentlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden sollte.
Wir wissen von Salomo, dass das funktioniert hat: Er nahm sich ausländische Frauen, erlaubte ihnen, ihre Kulte weiterzutreiben und wurde schließlich selbst dazu verführt, an ihren Kulten teilzunehmen. Salomo hat sicherlich niemals Gott abgesagt. Aber er betrieb eine Politik religiöser Toleranz, und das war in seinem Fall fatal. Denn im ersten Gebot ist vermerkt: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Gott allein. Das ist das erste Gebot und zugleich das wichtigste.
Eine Vermischung mit heidnischen Sitten, eine Aufweichung des göttlichen Willens ist letztlich tödlich für das Volk Gottes. Denn Gott sagt zu seinem Volk: Ihr sollt heilig - also rein - sein, denn ich bin heilig. Das Volk Gottes darf keinen anderen Gott dulden als den Gott Israels, auch nicht in der Nähe. Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einzig. Das ist das Glaubensbekenntnis Israels. Das ist die Grundlage, auf der das Volk Israel gebaut ist.
Esra weiß, welches der Grund war für den Untergang des Staates Juda. Gott war nicht mehr der einzige. Und deshalb ist es ihm auch klar, dass schon von vorneherein jeder Kompromiss in dieser Sache ausgeschlossen ist. Wehret den Anfängen. Tut alles Unreine aus dem Volk Gottes hinaus.
Und da kommt er bei seiner Agenda an den Punkt, da seine Oberen zu ihm sprechen: Viele Obere und Ratsherren, Priester, Leviten und auch Leute aus dem Volk haben die Treue zu Gott gebrochen, indem sie Kanaaniterinnen zu Frauen genommen haben.
Esra weiß sofort, was zu tun ist. Er tut Buße. Nicht Buße für sich. Sondern Buße für sein Volk. Er zerreißt seine Kleider, rauft sich das Haar und setzt sich in den Staub, macht sich unansehlich, gibt die Würde seiner Erscheinung auf. Die Leute sind entsetzt. So sitzt Esra wohl mehrere Stunden auf dem Boden, und die Leute um ihn herum wissen nicht, was sich hier abspielt. Sie ahnen, dass etwas schief gelaufen ist, aber wie katastrophal die Situation ist, wissen sie wohl nicht.
Beim täglichen Abendopfer schließlich bricht Esra sein Schweigen. Als alle Juden zu diesem Opfer kommen, beginnt er ein Bußgebet, das es in sich hat. Die Schuld Israels, die vorher schon nicht klein gewesen ist, ist noch vermehrt worden. Der Grund, warum Gott die Kanaaniter vor Israel vertrieben hat, nämlich der Götzendienst, findet nun Eingang in die heilige Volksgemeinschaft. Gott hat ihnen befohlen: Sucht nicht ihren Frieden und sucht nicht ihr Gutes ewiglich. Das bezieht sich nicht auf die einzelnen Menschen. Siehe Ruth und Rahab. Das bezieht sich auf ihre religiösen Bräuche. Im Volk Israel können eben nicht mehrere Religionen harmonisch zusammenleben. Es gibt keine Koexistenz zwischen Israel und Kanaan im heiligen Land Gottes. Solange ein Mensch zum Kulturkreis der Kanaaniter gehört, ist ihm die Mitgliedschaft am Volke Gottes verboten. Wie gesagt: Es geht hier zunächst einmal um Israel, das Volk und das Land. Was es für uns bedeutet, dazu kommen wir später. Es geht darum, dass die heidnischen Bräuche, schon gar nicht die Kulte, Eingang finden in das Volk Gottes. Das ist der Punkt. Im Neuen Testament heißt die Gemeinde “Ekklesia”, die Herausgerufene. Das Gottesvolk ist ebenso herausgerufen, ist errettet aus dieser Welt. Wer in dieses Volk hineinkommen und gleichzeitig seine heidnischen Gebräuche und Opfer weiter pflegen will, hat keinen Zutritt. Denn - und das wird durch das stellvertretende Gebet Esras deutlich - der Einzelne steht für alle. Einer kann Buße tun für das Volk. Einer kann aber auch - wie ein Stück Sauerteig - das ganze Volk verunreinigen. Und dann kann das Volk vor Gott nicht mehr bestehen, wenn das Volk zulässt, dass die Gräuel des Götzendienstes in seiner Mitte toleriert werden.
Das ist der Grund - weil Israel auch ein fleischliches Volk Gottes ist - dass nun alle heidnischen Frauen - und das sind eben solche Frauen, die ihr Heidentum nach wie vor leben wollen - dass diese Frauen nun entlassen werden. Eine vom Staat geforderte Scheidungswelle. Wer sich dieser Anordnung widersetzte, war nicht mehr Teil des Volkes Gottes.
Jetzt könnte man sagen: Das ist ja grausam, dass hier die Ehen einfach so getrennt werden. Aber andererseits: Wenn die Lebensgrundlage so verschieden ist, was kann dann noch groß vereinen als die Lust und Leidenschaft. Wie kann man da seine Kinder so erziehen, dass sie in der Furcht Gottes aufwachsen? Da bleibt doch nichts Gemeinsames! Es ist besser für alle Beteiligten, wenn so der Wille Gottes vollzogen wird. Aus der Namensliste, die nun folgt, sehen wir, dass nicht alle Israeliten heidnische Frauen genommen hatten. Es handelte sich wohl nur um eine Minderheit. Was nicht bedeutet, dass sich hier doch das eine oder andere Drama abgespielt hat. Aber nur so war es möglich, die Reinheit des Gottesvolkes zu gewährleisten.
Wie sollen aber wir diesen Text für uns heute verstehen? Im Volk Israel war Scheidung möglich. Im Neuen Testament ist sie nahezu ausgeschlossen. Scheidung ist nur möglich bei Ehebruch, und wenn der nichtgläubige Partner sich scheiden will. Aber selbst dann ist es nicht ganz klar, ob eine Wiederverheiratung möglich ist. Das heißt: Die Trennung von einem ungläubigen Partner aus Glaubensgründen ist nicht so klar wie bei Esra. Wir sind eben doch ein Gottesvolk, dessen Herr und König gesagt hat: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Es geht bei diesem Text nicht primär um die Trennung einer Ehe nach klassischem Vorbild. Es geht um Reinigung von schädlichen äußeren Einflüssen.
Werfen wir noch einmal kurz einen Blick auf den Sinn der Ehe nach der Bibel. Die Ehe ist - biblisch gesehen - eine einzigartige Gemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau mit dem Ziel der Verschmelzung beider zu einer Einheit, im körperlichen, seelischen und geistlichen Sinn. Deshalb spricht die Bibel auch von “einander erkennen”, wenn sie von Sexualität spricht. Hier geht es um eine Gemeinschaft, wie sie tiefer nicht zwischen Menschen sein kann. Ein Eins-Werden zweier Menschen zu einem Menschen, nicht in der Form der Gleichwerdung, sondern der Ergänzung. Zwei Individuen verschmelzen zu einem Menschen, ohne dass die beiden Individuen sich in diesem neuen Menschen auflösen.
Diese tiefe Form der Einheit ist - wie bekannt - auch ein Bild zwischen der Verbindung zwischen Gott und Mensch, zwischen Jesus und seiner Gemeinde, seinem Leib. Wir sind ein Teil des Leibes Christi. Und da haben alle widergöttlichen Gewohnheiten und Praktiken keinen Raum. Das wäre die Übertragung auf heute.
Ich denke, das Land Israel, von dem im Text die Rede ist, ist im christlichen Zeitalter die sichtbare Gemeinde als sichtbare Organisation. Das Volk Gottes, das sind alle Menschen, die sich von Jesus herausrufen ließen aus der Welt und von ihm in seinen Leib eingegliedert werden. Und die Frauen, von denen wir uns trennen sollen, das sind die Einstellungen, die Gewohnheiten, die Praktiken, die wir mit der Welt, aus der wir gerufen sind, mitbringen.
Wir sind schlicht dazu aufgerufen, uns von diesen Gewohnheiten und Praktiken, von diesen Einstellungen zu distanzieren, reinigen zu lassen, damit wir rein werden vom Schmutz der Sünde. Unbefleckt. Rein. Heilig.
Glaube heißt, dass ich mich jemandem anvertraue. Christlicher Glaube heißt, dass ich mich Christus anvertraue. Doch es gibt auch einen unchristlichen Glauben. Ein Glaube, wo ich mich anderen Dingen und Personen anvertraue, wo ich auf andere Stimmen höre und ihnen folge. Seien wir realistisch: Wir werden es nie schaffen, diese Stimmen zum Schweigen zu bringen, solange wir in dieser Welt leben. Aber wir müssen lernen, diese Stimmen von der Stimme Gottes zu unterscheiden. Und da, wo sie der Stimme Gottes widersprechen, lieber Gottes Stimme zu folgen und nicht auf die anderen Stimmen zu hören.
Wenn ich mich Jesus anvertraue, dann vertraue ich darauf, was er sagt. “Was nennt ihr mich Herr, Herr, und tut nicht, was euch sage?” “Mein Wort ist Wahrheit!” “Nicht die, die zu mir Herr sagen, sondern diejenigen, die den Willen meines Vaters im Himmel tun, sind gerettet.” Kein Strich oder Punkt vom Gesetz wird bis zum Ende dieses Zeitalters veralten, außer Kraft gesetzt werden, ungültig werden. Das bezieht sich auf die Bibel. Sie ist Gottes Wort. Was der Bibel widerspricht, widerspricht dem Willen Gottes.
Wir sind oft eins mit bestimmten Einstellungen, Ansichten, sind sozusagen mit diesen Ansichten verheiratet. Wir verlassen uns auf diese Ansichten, verlassen uns darauf, dass sie richtig sind, bauen unser Lebenskonzept darauf auf - auch dann, wenn sie der Bibel widersprechen. Ein Extrembeispiel: Stellt euch einen Auftragskiller vor. Er hat sein Leben darauf aufgebaut, andere Menschen zu töten. Das ist gegen Gottes Gebot. Wenn ein solcher Mensch Christ wird, muss er diese Frau, dem Mord, aus seinem Leben entlassen. Für ihn ist es eine Gewohnheit, Menschen zu töten. Er wird immer wieder daran denken, jemanden umzubringen. Es werden immer wieder Leute kommen, die ihn dazu überreden wollen, seinen früheren Job wieder auszuüben. Dass er daran denkt, das wieder zu tun, wird er nicht so leicht verhindern können. Schwierig aber ist es dann, wenn er tatsächlich wieder tötet. Dann tut er eine Sünde, für die er Buße tun muss. Und wenn es gar wieder zur Gewohnheit wird, Menschen umzubringen, dann kann er auch sein Heil verlieren. Versteht ihr? Das sind die drei Stufen: Der Gedanke - die einzelne Tat - die Gewohnheit. Eine Gewohnheit gehört zu meiner Lebenseinstellung. Mit der bin ich verheiratet. Eine Einzeltat, die ich unüberlegt tue, weil ich mich von außen treiben ließ, ist ein Fehler, der nur dann ins Gewicht fällt, wenn ich die Tat nicht bereue und nicht alles dazu tue, dass sich eine solche Tat nicht wiederholt. Das ist bitter, aber verzeihlich. Den Gedanken - den werde ich nicht so leicht los. Dagegen, dass solche Gedanken in mir aufsteigen, kann ich nichts tun. Wenn ich mich aber mit dem Gedanken beschäftige als Möglichkeit meines Handelns, wenn ich gar plane, das zu tun - selbst wenn ich es nicht ausführe - dann bin ich wieder auf dem Weg zu einer sündigen Gewohnheit. Es ist sozusagen ein Unterschied, ob ich in die Grube falle, oder ob ich selber hineinspringe.
Mit solchen Gewohnheiten sind wir quasi verheiratet. Sie sind Teil unseres Lebens. Sie sind eins mit uns. Sie gehören zu unserem Wesen. Und solche Gewohnheiten müssen wir entlassen, wir müssen uns von ihnen scheiden, sie dürfen nicht mehr Teil unseres Lebens sein, und wir müssen auch Buße tun, Opfer bringen, damit diese Gewohnheiten nicht wieder durch die Hintertür hereinkommen. Dabei ist es wichtig, dass uns klar ist, dass wir das nicht allein schaffen. Es ist auch keine Vorbedingung für den Zutritt zu Gott oder Jesus Christus. Es ist aber eine Bedingung zum Bleiben in der Gegenwart Gottes, dass wir bereit sind, diese Gewohnheiten zu entlassen. Sonst können wir kein Leben führen, das Gott gefällt. Und ein Leben, das Gott gefällt, ist kein freudloses Leben, sondern für ein solches Leben sind wir geschaffen, und daher kann es nichts Besseres geben als ein Leben in der Gegenwart und nach dem Willen Gottes, und nichts ist zerstörerischer als die heidnischen Kulturen, der Götzendienst, der darin besteht, dass wir die Gewohnheiten dieser Welt weiter pflegen und hegen, weil wir meinen, wir kommen besser durchs Leben, wenn wir sie beibehalten.
Willst du gerettet werden? Dann komm in die Gegenwart Jesu. “Bleibet in meiner Liebe” heißt nicht zuerst: Liebt mich. Sondern: Lasst euch von mir lieben. Sucht keinen Halt anderswo, sondern nur bei mir. Und gebt euch keine Mühe, genug Kraft für die Liebe aufzubringen. Nehmt meine Liebe und liebt mit dieser Liebe alle, denen ihr täglich begegnet. Es ist in keinem anderen Heil als in Jesus. Glaubst du das? Stelle im Lichte Gottes deine Gewohnheiten auf den Prüfstand, die Grundpfeiler deines Lebens, das, worauf du dich verlässt, und setze dein Leben um auf das Fundament Christus. Lass dich scheiden von deinen Gewohnheiten und gewöhne dich an die heiligen Gewohnheiten, die Jesus dir anstelle der alten, unheiligen gibt. So wie es zur Zeit Esras im fleischlichen Volk Gottes war, so sei es im geistlichen Volk Gottes heute, so sei es bei dir. Dann wirst du auch erleben, wie du heil wirst, wie du befreit wirst von den Banden, mit denen du an die Sünde gebunden bist, frei dazu, in Jesus Christus die wahre Freiheit, das wahre Heil zu finden.
Nächste Woche - in acht Tagen - dürfen die Friseure wieder öffnen. Viele von uns freuen sich darauf und haben schon einen Termin. Endlich werden die Haare wieder ordentlich in Form gebracht, kriegen wir wieder eine neue Frisur, können wir uns wieder sehen lassen. Das ist äußerst wichtig für unser Wohlbefinden. Wichtig für unser geistliches Wohlbefinden ist aber, dass wir unsere geistliche Frisur in Ordnung halten. Dass wir all das abschneiden, was uns unansehlich, hässlich in der Gegenwart Gottes macht. Das sind die sündigen Gewohnheiten. Lasst euch auch gleich auch einige Stränchen der Heiligkeit, neue Gewohnheiten, einfügen: Eine dicke Sträne Gebet, eine lange Sträne Bibellesen, eine deutliche Sträne Dankbarkeit. Lasst euch die Bitterkeit, die Hinterlist, die Verlogenheit, den Stolz, den Hass aus der geistlichen Frisur herausschneiden. Lasst dann allein die Liebe stehen. Denn die Liebe Jesu, die er durch uns fließen lässt, die steht uns allen, nicht nur im Angesicht Gottes, sondern auch im Angesicht der Menschen. Manchmal ist sie ein bisschen herausgewachsen. Das kann man ändern lassen, auch im Lockdown. Es ist Zeit, sich von falschen Gewohnheiten zu trennen und sich anzugewöhnen, in der Gegenwart Jesu zu leben und seinen Willen zu tun, damit wir erkennen, dass es nichts Besseres gibt, damit wir herauswachsen aus der Sünde und ein heiliges Leben führen, das anderen Menschen unseren Herrn nahebringt. Amen.
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