Lieber Timotheus ...

Lieber Timotheus  •  Sermon  •  Submitted   •  Presented
0 ratings
· 3 views
Notes
Transcript

Einleitung

Ein kurzer Überblick zu Beginn:
Nachdem Paulus aus seiner Haft in Rom entlassen wurde (vrgl. Apg 28,18.30) besuchte er mehrere Städte, in denen er gewirkt und Gemeinden gegründet hatte, so auch Ephesus. Da er sich nach Mazedonien aufmachen wollte, liess er Timotheus da zurück, der sich um die Gemeinde kümmern sollte. Unterwegs schrieb Paulus dann diesen Brief, mit dem er Timotheus bei den Problemen (falsche Lehre (1,3-7; 4,1-3; 6,3-5), Unordnung beim Gottesdienst (2,1-15), Berufung von Führungspersonen (3,1-14) und Materialismus (6,6-19)) helfen wollte. Dies beim Studium des Briefes im Auge zu behalten, schützt vor falschem Verständnis für die Argumente des Apostels. Dabei brauchte der Apostel seinen Schüler nicht mehr lehrmässig gründlich zu unterweisen, da dieser die paulinische Lehre gut kannte. Der Brief ist sehr praktisch und mit Fokus auf den Hirtendienst verfasst. Die Pastoralbriefe (1.Tim, 2.Tim, Tit, Phlm) müssen wir aus dieser Perspektive heraus lesen. Dazu gehört auch das Hauptthema des heutigen Kapitels, Nr. 3
(Text lesen?)

Berufung

1. Timotheus 3,1 “1 Das ist gewisslich wahr: Wenn jemand ein Bischofsamt begehrt, der begehrt eine hohe Aufgabe.”
Wie wirkt dieser Vers auf Euch? Abschreckend? Warnend? Motivierend?
Tatsächlich kritisiert hier Paulus das Trachten nach einem Amt nicht, sondern findet es toll. Dieser “Ehrgeiz” wird gelobt. Aber was meint hier Paulus mit Trachten? Es ist dieses Drängen, wenn der HG das Herz bewegt, Gottes Willen zu tun. Jeder mit einer spez. Berufung in ein Amt kennt das. Es bedeutet aber nicht nur eine Motivation zum Dienst zu haben, sondern auch den Willen, das Leben danach auszurichten - daher auch die nachfolgende Liste von Tugenden.
Bischofsamt: Dieser Begriff ist wohl von Luther, zumindest im heutigen Sinn, zu hoch gegriffen. Es geht um Aufseher, Vorsteher (episkopos), Älteste - alle, die ein Amt mit Verantwortung (wichtig! Es geht um Verantwortung, nicht Mithilfe) in der Gemeinde innehaben (wollen). Vorsteher, Aufseher, Ältester, Hirte - diese Begriffe sind bei Paulus in diesem Sinne auswechselbar, jedoch von der Ausrichtung her verschieden.
Bevor wir nun diese Liste anschauen, müssen wir noch eines bemerken: Im Kapitel zuvor hat Paulus von den Verpflichtungen und Vorrechten aller Gemeindegliedern geredet. Erst jetzt kommt er zu den Dienern der Gemeinde. Somit ist diese Liste ebenso praktisch wie alltäglich (mit Ausnahme vielleicht von lehrfähig). In diesem Sinne sind die Vorsteher, Aufseher etc. nicht Chefs oder Patrons, sondern dienen der Gemeinde und den Menschen darin und sind ihnen bis auf das Amt gleich gestellt. Somit haben die Gemeindeglieder das Recht ihre Vorsteher und Älteste gemäss dieser Liste zu beurteilen.
Exkurs: Listen bei Paulus. All diese Listen/Kataloge, seien es Gnadengaben, Früchte oder eben Tugenden sind nicht zufällig aufgereiht, die Reihenfolge ist wichtig. So wird in 1.Kor 12,28 und in Röm 12,6-8 die Gnadengabe der Leitung jeweils fast am Ende erwähnt. Lehre und Prophetie kommen zum Beispiel immer am Anfang ....
1. Timotheus 3,2–7 “2 Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, maßvoll, würdig, gastfrei, geschickt im Lehren, 3 kein Säufer, nicht gewalttätig, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig, 4 einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und gehorsame Kinder hat in aller Ehrbarkeit. 5 Denn wenn jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie soll er für die Gemeinde Gottes sorgen? 6 Er soll kein Neugetaufter sein, damit er sich nicht aufblase und dem Urteil des Teufels verfalle. 7 Er muss aber auch einen guten Ruf haben bei denen, die draußen sind, damit er nicht geschmäht werde und sich nicht fange in der Schlinge des Teufels.”
Untadelig: Unbescholten; dem man nichts nachsagen kann, nicht berechtigt anklagbar, im tieferen Sinne von keiner offenkundigen Sünde beschattet, Vorbild für alle Gläubigen, das ist die höchste Anforderung (erstes in der Liste) (vrgl. Ps 101,6; Phil 3,17; 2Th 3,9; Hebr 13,7; 1Pt 5,3).
“einer einzigen Frau” - was bedeutet das? Wieviele Frauen ein Mann haben darf? Mindestens eine? Genau eine? Höchstens eine? Oder eine nach der anderen?
Mindestens eine: Ernsthaft? Trotz der früheren Polygamie Jakobs, Davids und Salomos würde das 1.Kor 7,2 und auch Jesu Lehre in Mt 19,3-9 widersprechen. Also eher nicht.
Genau eine: Das würde all die Unverheirateten diskriminieren, und stünde auch im Widerspruch zu Paulus eigener Lehre in 1.Kor 7 und Jesu Bemerkungen in Mt 19,10-12. Also eher nicht.
Höchstens eine/eine auf einmal: Das wirft Fragen der Wiederverheirat auf. Es gibt drei Gründe, wann jemand wieder heiraten darf - bei Tod des Ehepartners, bei Unzucht (Mt19,9) und wenn der ungläubige Partner einen verlässt (1.Kor 7,15). Wenn dann eine Wiederheirat für Älteste erlaubt ist, unterscheidet sie das nicht von den übrigen Gemeindegliedern. Wieso dann also extra erwähnen? Zudem wäre “höchstens eine” eine Wendung, die “alleinstehend” zulässt.
Aber vielleicht geht es gar nicht ums Heiraten. Was geht Euch durch den Kopf, wenn Ihr das liest? Ja, es geht hier um eheliche Treue. Leider haben wir immer wieder und auch sehr aktuell Zeugnisse davon, wie Untreue ziemlich schnell und radikal ein geistliches Amt zerstören können. Im griechischen Umfeld war diese Ermahnung sicher gerechtfertigt - heute ist es aber, in einer Welt mit TV-Shows, die sich um Seitensprünge drehen, gar nicht viel anders. Leider müssen wir auch immer wieder sehen und erleben, dass “Pastoren”, die in diesem Punkt gefallen sind, dennoch ihr Amt weiterhin ausüben dürfen und freigesprochen werden in der “Liebe Christi”. Was sind das für Vorbilder für junge Gläubige! Was hat das für Auswirkungen?! Paulus ist hier sehr aktuell.
nüchtern: mit klarem Kopf, wachsam, aufmerksam sein, vielleicht auch endzeitlich ausgerichtet, trifft seine Entscheidungen aus dem Verstand (vrgl. 1.Thess 5,6.8)
massvoll: besonnen, diszipliniert, ernsthaft, widersteht Strömungen, sondern besinnt sich auf das Wesentliche und Wichtige, ist sich der Abhängigkeit zu Gott bewusst (vrgl. 1.Pt 4,7)
würdig: ordentlich, anständig, schaut auf die Bedürfnisse derer, denen er/sie dient
gastfrei: offene Herzen und Häuser, wichtig als erster Schritt bei der Evangelisation (gilt aber nicht nur für Be-Amtete, sondern für alle Gläubige)(vrgl Röm 12,13; Tit 1,8; 1.Pe 4,9; Heb 13,2)
geschickt im Lehren: Nicht (nur) das Predigen oder Dozieren gemeint, sondern allen Vorbild sein und dies auch biblisch begründen können
Die folgenden Punkte, Laster wie Tugenden, sind, hoffe ich, selbsterklärend, ich will noch auf zwei eingehen
dem Urteil des Teufels verfalle: Es ist keine Frage des Alters, Timotheus war selber sehr jung (zu jung für seine Kritiker 4,12), doch wie kann jemand, der frisch auf dem Weg wandelt, ein Vorbild für die sein, die schon lange unterwegs sind? Er/Sie kann seinen/ihren Glauben noch nicht bewährt haben. Und die Gefahr, in der Versuchung zu straucheln, ist noch sehr gross. Und gerade wenn die Versuchung “Macht und Einfluss” heisst, kann das erheblich Schäden bei den Gleidern und der Gemeinde insgesamt hinterlassen - Stichwort Macht- und geistlicher Missbrauch). Satan wurde für seinen Stolz und seine Überheblichkeit verurteilt (Jes 14,12- 14; Hes 28,11-19; vgl. Spr 16,18).
guten Ruf haben: Wir sehen es gerade aktuell betreffs der christl. Schule Kaltbrunn, was passiert, und welche Folgen es hat, wenn ein Vorsteher in der Öffentlichkeit keinen guten Ruf besitzt. Denn das ist genau das, was der Gegenspieler möchte: Die Verbreitung der guten Nachricht zu hindern, indem er diejenigen, die dafür einstehen, in Verruf bringt. Das ist oft eine Gratwanderung, auf der einen Seite einen guten Ruf bewahren, auf der anderen Seite das Evangelium nicht verraten. Es gelingt aber mit Gottes Hilfe. (vrgl. Mt 5,48; Phil 2,15.)
Soweit zu den Vorstehern/Ältesten.
Die Verse 8-13 zu den Diakonen und Diakonissen möchte ich überspringen, da uns die Zeit fehlt, am Sonntagmorgen alles zu betrachten und vieles auch Wiederholung wäre.

Schluss

Wie schon gesagt, leider müssen wir heute beobachten, wie diese paulinischen Anforderungen an Vorsteher/Älteste vielerorts einfach mit der Bemerkung weggewischt werden, dass dies alte Ansichten sind, nicht mehr aktuell, für eine spezielle Situation geschrieben usw. Aber es wird nicht gewundert, warum Neubekehrte oder auch Jugendliche sich schwer tun, ein gottgefälliges Leben zu leben, auf dem Weg zu bleiben.. Wenn die Vorbilder weg sind, die gesunde Lehre mal verwässert und die zentralen Punkte des Evangeliums nur noch betsritten statt weiter gegeben werden, ist die Nacht nicht mehr weit.
Diejenigen unter uns, die eine Berufung in ein Amt spüren und wollen, tun gut daran, die Pastoralbriefe zu studieren und solche Texte wie hier zu Herzen zu nehmen. Und die anderen tun gut daran, in Liebe ihre Vorsteher und Älteste im Blick auf diesen Text zu beurteilen, aber nicht abzukanzeln. Denn sie sind alle Diener der Gemeinde und wir alle sind vor Gott Rechenschaft schuldig (vrgl Heb 13,17; 1.Tim 4,12; 1. Thess 5,12.13 ). Amen